Eine Restrukturierung / Umorganisation kann zum Beispiel bei einer veränderten oder gar neuen Strategie erforderlich werden. Diese ist häufig begründet durch wirtschaftliche Krisen, die das betroffene Unternehmen durchläuft oder sich abzeichnende erhebliche Veränderungen im Markt. Eine Restrukturierung kann auch in folgenden Fällen notwendig werden:
- über lange Zeit gewachsene Strukturen haben bequem und unbeweglich gemacht. Es haben sich große Verwaltungen gebildet, Stabsfunktionen, zu viele Führungsebenen und Chefs, die man im Laufe der Zeit „befördern musste“. Alles ist sehr teuer und zugleich uneffektiv geworden. Die Strategie des Unternehmens wird nicht mehr hinreichend unterstützt. „Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ (Philip Rosenthal)
- Das Unternehmen hat ein zweites übernommen, wurde übernommen oder fusioniert mit diesem oder innerhalb eines Unternehmens sollen Bereiche zusammengelegt oder getrennt werden. Um Synergien (Vorteile) aus solchen Veränderungen zu realisieren, ist normalerweise eine geänderte Struktur erforderlich.
Wenn Mitarbeiter, die man auf keinen Fall verlieren möchte, frühzeitig in die Strukturüberlegungen mit einbezogen werden, gibt es ihnen ein Gefühl der Wertschätzung und macht sie zu Verbündeten bei der späteren Umsetzung.
Wie vorgehen?
Um eine neue Struktur einzuführen, wird vielfach erheblicher Aufwand in detaillierte Aufgabenbeschreibungen investiert, Regelungen für die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen, Kompetenzen und Unterschriftsregelungen. Während ein Minimum hiervon erforderlich ist, um Chaos zu vermeiden, führt zu viel zu Verwirrung, unflexiblem bürokratischem Arbeiten und Kreativitätsverlust. Auch hier gilt „weniger ist mehr“:
„Was nicht auf einer einzigen Manuskriptseite zusammengefasst werden kann, ist weder durchdacht noch entscheidungsreif.“ (Dwight D. Eisenhower)
Besser war es meiner Erfahrung nach anstelle von Vorschriften klare Ziele für die einzelnen Bereiche zu formulieren. „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ (Antoine de Saint-Exupery)
Strukturierung sollte niemals gegen die Motivation der beteiligten Mitarbeiter gerichtet sein. Geeignete Strukturen sollen motivieren, indem sie Identifikationsmöglichkeiten bieten.
„Leistungen kann man nur von Menschen erhoffen, die sich ernst genommen fühlen und denen man Identifikationsmöglichkeiten bietet.“ (Daniel Goeudevert)
Es muss nicht alles von Anfang an akribisch definiert sein (dabei toben sich gerne Berater aus und rechnen viele Stunden ab). Vieles entwickelt sich im Laufe der Zeit evolutionär. Wichtig ist es frühzeitig, über Feedback aus der Mannschaft zu erfahren, wenn wichtige Definitionen fehlen oder Regelungen falsch oder widersprüchlich sind. Die Mitarbeiter wissen im Allgemeinen sehr gut was geht und was nicht.
Im Folgenden einige Tipps zur Umstrukturierung:
- Die richtige Struktur muss beitragen, die Strategie umzusetzen, nicht umgekehrt.
- Folgende Reihenfolge einhalten: zuerst Grobstrategie, z.B. eine Produkt-Marktmatrix aufstellen, dann entsprechende Grobstruktur definieren, dann Strategie der Bereiche durch diese erarbeiten lassen und dann Feinstrukturen definieren.
- Möglichst flache Organisationen, wenige Hierarchiestufen. Diese sind teuer, verlangsamen und verfälschen die Kommunikation, Chefs verlieren den Kontakt zur Basis
- Den Kunden als Ziel für das eigene Tun in den Mittelpunkt stellen. Kunde kann auch ein benachbarter Mitarbeiter oder eine andere Abteilung sein. Auf diese Weise wird automatisch nach Prozessabläufen strukturiert.
- Struktur einfach halten; gegenseitige Abhängigkeiten auf ein Minimum begrenzen. Keine einseitigen Abhängigkeiten zwischen Bereichen auf gleicher Hierarchie Ebene, das erzeugt Gewinner und Verlierer; wenn, dann gegenseitige Abhängigkeiten und damit Notwendigkeit zu echter Kooperation.
- Stabstellen auf ein absolutes Minimum reduzieren. Häufig ist es möglich, solche Aufgaben / Ziele operativen Einheiten in Personalunion zuzuordnen, beziehungsweise diese in den Geschäftsprozess einzubauen.
- Führungsteams so klein wie möglich halten und auf ein Gleichgewicht bezüglich Stellenwert und Kommunikationsbedarf achten. Ein Mitglied in einem 5er-Team, das nur zu einem anderen Teammitglied nennenswerte Berührungspunkte hat, ist in diesem Team falsch aufgehoben.
- Ressourcen eher zu knapp auslegen, dann ist die Dynamik größer; gegebenenfalls in Restrukturierungsphasen künstlich verknappen; große Herausforderungen und Spaß an der Arbeit mobilisieren Kraftreserven. Überzeit und Stress wirken weniger gesundheitsschädlich (wenn überhaupt). Kleine motivierte Teams können um ein Mehrfaches effektiver sein als Große, z.B. kleine kompetente Entwicklungsgruppen können Unglaubliches leisten.
- Größere strukturelle Veränderungen brauchen intensive Kommunikation mit Herzblut / Überzeugungskraft auf allen Ebenen, um falsche Abläufe und persönliche Vorlieben / Beziehungen, an die sich die Mannschaft seit langer Zeit gewöhnt hat, zu verändern. Andererseits muss geprüft werden, ob bestimmte gewachsene Strukturen nicht tatsächlich sinnvoller sind und es richtig wäre, diese beizubehalten. Dazu braucht es Bereitschaft, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. „Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben. „(Friedrich Hebbel)
- über lange Zeit eingespielte Abläufe beziehungsweise schlechte Gewohnheiten, die nicht mehr zeitgemäß sind, lassen sich teilweise nur mit Gewalt aufbrechen, unter Umständen durch Austausch entsprechender Mitarbeiter.
- Regelungen auf das notwendige Minimum begrenzen; die wesentlichen Ziele als Aufgabenbeschreibung / Mission der einzelnen Bereiche formulieren; nicht mehr als ein bis zwei Ziele / Prioritäten definieren. Wenn das für jede Führungsebene gilt und jedes Ziel auf die Mitarbeiter / nächste Ebene heruntergebrochen wiederum zwei Ziele ergibt, potenziert sich das bei 4 Ebenen und es kommen dort 16 Ziele an!! „Um die Welt zu ruinieren, genügt es, wenn jeder seine Pflicht tut.“ (Winston Churchill)
- Wie Paragraphen formulierte Gesetze helfen höchstens vorm Arbeitsgericht, motivieren aber nicht zu Veränderungen.
- EDV erst einführen, wenn Strukturen, Prozessabläufe klar sind und bekannt ist, was durch die EDV verbessert werden soll. Feintuning der Abläufe kann dann in Anlehnung an die Standard EDV erfolgen
- „Der Mensch ist ein Herdentier“ und fühlt sich in einer überschaubaren Gruppe wohl, die um ihn herum ist. Führung über Distanz funktioniert – wenn überhaupt – nur sehr begrenzt.
- In manchen Unternehmen ist es üblich, zur generellen Entlastung auf Vorstands- / Geschäftsführungsebene Assistenten (zusätzlich zum Sekretariat) ohne eine spezifische Funktion wie z.B. Controlling zu beschäftigen. Ich war nie ein Freund davon. Es besteht zu leicht die Gefahr, dass die Kommunikation zur nächsten Führungsebene aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel über den Assistenten erfolgt und diesem mehr Vertrauen geschenkt wird als den nächsten Mitarbeitern. Vielmehr muss auf der nächsten Ebene die Aufgabenverteilung angemessen strukturiert sein.
- Strukturen funktionieren nur, wenn sie mit den richtigen Verantwortlichen besetzt sind.