Wenn ich selbst weiß, was die anderen denken, ist es möglich, mitzudenken. Erst dann kann ich die Position des anderen verstehen und darauf eingehen. Gut Kommunizieren stellt aber auch sicher, dass alle Mitarbeiter verstehen, worum es geht. Wenn viele mitdenken, ist die Chance für kreative Ideen wesentlich größer. Wichtig ist dann, die vielen Informationen zu verdichten und auf den Punkt zu bringen. Sonst verliert man sich. Bei schwierigen Problemen, bei denen ich selbst keine Lösung gesehen habe, war es immer besser, das Gespräch zu suchen, statt das Problem „auszusitzen“.
„Das, was ein Teamleiter im Vorfeld in seine Crew investiert, erhält er um ein Vielfaches zurück.“ (Arved Fuchs)
Die Kenntnis der Hintergründe von Entscheidungen schafft bei Mitarbeitern Verständnis auch für unangenehme Maßnahmen. Offene Kommunikation setzt Ehrlichkeit voraus, erzeugt Vertrauen und macht berechenbar. Geheime Strategien mögen ihren Sinn haben, wenn man es mit Feinden zu tun hat, aber selbst dann sind gute bekannte Strategien geeignet, um den Feind / Wettbewerber davon abzuhalten, anzugreifen, weil er seine Unterlegenheit erkennt. Wenn gute nachvollziehbare Strategien geeignet kommuniziert werden, erzeugen sie Selbstbewusstsein und Kampfgeist in der Mannschaft. Auch Kritik offen, konstruktiv ansprechen (ohne zu verletzen) hilft, positive Veränderungen bei Menschen in Gang zu setzen. Alles andere ist unfair, da z.B. der Mitarbeiter keine Chance hat, sich angemessen zu verhalten, zu korrigieren oder eigene Beweggründe bekannt zu geben. Mobbing in einem Betrieb hat nur eine Chance, wenn „getuschelt“ und nicht offen und ehrlich miteinander umgegangen wird.
„Wer immer die Wahrheit sagt, kann sich ein schlechtes Gedächtnis leisten.“ (Theodor Heuss)
Ein Beispiel, das mich in dem Thema „offene Kommunikation“ sehr geprägt hat: Wir hatten für einen sehr großen Kunden ein Anlagenaggregat zu liefern, das für den reibungsfreien Betrieb seiner Produktion entscheidend war und nur während der nächsten geplanten 4-wöchigen Werksferien im Frühjahr des folgenden Jahres ausgetauscht werden konnte. Bereits im August zuvor war absehbar, dass wir den Termin nicht halten können und damit riskieren, den ganzen Betrieb des Kunden lahm zu legen. Die Situation schien unlösbar, einfach fatal und hoffnungslos. Die Mehrheit unserer Mitarbeiter wollte die Information nicht überbringen, es sei ja ohnehin nichts zu ändern, warum jetzt schon den Ärger, wir sollten abwarten, was im Frühjahr geschieht und bis dahin so gut und ungestört wie möglich weiterarbeiten. Vielleicht findet sich ja doch noch überraschend eine Lösung. Wir haben uns dann dennoch entschieden, sofort mit der Hiobsbotschaft den Kunden zu informieren. Es war nicht angenehm, diese Botschaft dem Kunden zu überbringen und die Reaktion war entsprechend heftig. Jedoch nach einigen Tagen größter Aufregung hat der Kunde alle seine eigenen Kräfte mobilisiert, um uns zu helfen, unsere Probleme in Einkauf, Logistik und Produktion zu lösen und den Termin doch noch zu halten.
„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ (Bertolt Brecht)
Wir haben gemeinsam tatsächlich das Unmögliche geschafft. Das Verhältnis zum Kunden war anschließend besser als je zuvor und von tiefem Vertrauen geprägt. Ohne frühzeitigen offenen Umgang mit unseren Problemen wäre das Projekt zu einem gewaltigen Fiasko für alle Seiten geworden. Dies war im Nachhinein gesehen eines meiner schönsten und am meisten befriedigenden Erlebnisse während meines Berufslebens. Ähnliche Erlebnisse mit ähnlichen Ergebnissen hatte ich anschließend auch noch mit anderen Geschäftspartnern.
Seit solchen Erlebnissen bin ich noch mehr davon überzeugt, dass eine ehrliche, vertrauensvolle und offene Kommunikation einen extrem hohen Stellenwert in der Unternehmensführung hat.