Vorbemerkung: Auch wenn ich hier der Einfachheit halber von „dem Chef“ spreche, meine ich natürlich Chef und Chefin.
Der perfekte Manager mit allen erdenklich positiven Eigenschaften ist eher selten zu finden. Doch was heißt „perfekt“, was ist positiv? Die Fachliche Eignung lasse ich hier einmal außer Betracht. Geeignete fachliche Kenntnisse sind wünschenswert und hilfreich. Diese können jedoch, wenn nicht ausreichend vorhanden, durch entsprechende Mitglieder im Team ausgeglichen werden. Dazu ist es notwendig über die Gabe zu verfügen, eigene Schwächen zu erkennen und Stärken anderer nutzen zu wollen. Das zeigt, dass geeignete Persönlichkeitsmerkmale nicht nur „wünschenswert, sondern ein „Muss“ sind. Es ist ein Rechenexempel, was effektiver ist: Ein fachlich hochqualifizierter Chef, der selbst hart arbeitet aber Schwierigkeiten hat, seine 7 direkten Mitarbeiter motiviert arbeiten zu lassen, oder ein Chef der es versteht, seine Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu bringen, jedoch selbst nur begrenzt als sein eigener Sachbearbeiter tätig ist.
Für mich ist die überzeugendste Definition für die Persönlichkeitsstruktur eines guten Chefs folgende, die ich Ende der 90er Jahre auf einem Management Seminar in der Schweiz gehört habe. Dort wurden acht Eigenschaften / Verhaltensweisen der Persönlichkeit als besonders wesentlich hervorgehoben. Es ist zwar eine etwas unkonventionelle Beschreibung aber – wie ich finde – sehr treffend. Was sollte einen guten Chef auszeichnen? Chefs mit der geeigneten Persönlichkeitsstruktur
- haben ein gutes Gefühl für Situationen
- haben einen hohen eigenen Antrieb, Energie
- setzen sich für ihre Mitarbeiter ein, auch bei eigenem persönlichen Risiko
- zeigen was ihnen wichtig ist, auch bei eigenem persönlichen Risiko
- stehen mit Leidenschaft für Ziele ein
- haben klare Werte, die sie kommunizieren und leben
- nutzen ihre Emotionen, um andere mitzureißen
- nutzen ihre persönlichen Stärken und Schwächen
„Man respektiert einen Mann wegen seiner Stärke. Aber lieben kann man ihn nur wegen seiner Schwächen“ (Laetitia Bonaparte).
Die meisten Eigenschaften erklären sich von selbst. Was bedeuten die beiden Verhaltensweisen mit dem Zusatz „auch bei eigenem persönlichen Risiko“? Ich selbst habe es mehrmals erlebt und kann es gut nachempfinden: Wenn ich mich für einen Mitarbeiter positiv einsetze, von dem ich weiß, dass er meinem eigenen Chef ein Dorn im Auge ist, riskiere ich, dass ich selbst in Ungnade falle. Ebenso verlangt es Courage, sich für Dinge einzusetzen von denen man überzeugt ist, auch wenn es einflussreichen Personen bzw. Gruppierungen nicht gefällt.
„Marionetten haben immer einen guten Draht nach oben.“ (T.C. Dahme)
Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht eine Aufforderung zum eigenen Weg um jeden Preis. Gesunder Menschenverstand ist wie so oft gefragt. In nicht völlig eindeutigen Führungssituationen beeinflusst die Persönlichkeitsstruktur maßgeblich das Verhalten. Ich selbst habe mich nur dann halbwegs im Gleichgewicht gefühlt, wenn auch mein Privatleben in Balance war. Dann und nur dann konnte ich meinem Gefühl vertrauen. Auch wenn nicht immer willkommen spielt bei der Suche einer Führungsperson oftmals deswegen auch das private Umfeld des Kandidaten eine wichtige Rolle.
Internationale Erfahrung bzw. Erfahrungen in wechselndem Umfeld machen flexibel, „geländegängig“. Es ist zu erwarten, dass Menschen mit derartigem Hintergrund unterschiedliches kulturelles Umfeld kennen gelernt haben und wissen, wie sie in extremen Situationen überleben. Zur Führungserfahrung gehören ebenfalls Erfahrungen auf verschiedenen Hierarchieebenen. Dazu zählt sowohl das Führen von Sachbearbeitern als auch das Führen von Chefs. Der Einstieg in Führungsverantwortung gleich auf oberster Ebene ist eine Herausforderung, die nur wenige meistern.
Sorgfältige Auswahl bei der Besetzung von Chef-Positionen ist wesentlich für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Umgekehrt kann Fahrlässigkeit dabei ein teures Experiment sein: „Willst Du den Charakter eines Menschen erkennen, gib ihm Macht.“ (Abraham Lincoln)