Ich habe einen Top Manager erlebt, der während der ersten Monate nach Amtsantritt jede Woche an einem festen Termin an alle Mitarbeiter eine Email mit seinen neuesten Gedanken / Erkenntnissen geschrieben hat. Gleichzeitig hat er Gelegenheit gegeben, in einfacher Form darauf zu antworten. Damit war ein sehr mächtiger direkter Dialog auf kurzem Weg über alle Führungshierarchien hinweg geschaltet, der große Transparenz in beide Richtungen geschaffen und den dringend erforderlichen Wandel erheblich beschleunigt hat.
Kommunikation über lange Wege, viele Hierarchien hinweg bergen das Risiko, dass am Ende etwas anderes herauskommt als ursprünglich gewollt (Stille Post). Deswegen war es mir immer wichtig, Kommunikationswege zu nutzen, die so kurz wie möglich waren.
Nur wenige Einzelgespräche quer durch die Organisation mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, um eine Firma kennen zu lernen, bergen das Risiko, durch Einzelschicksale beeinflusst zu werden. Insbesondere kritische Themen sollten in weiteren Gesprächen abgesichert werden. Das erfordert viel Zeit, lohnt sich aber, auch wenn man sich zunächst nichts davon verspricht. Man ist überrascht was man alles Neues erfährt. Ich habe mir für solche Gespräche im Terminkalender regelmäßig Zeit reserviert und es nie bereut. Mit der Zeit wird man im Führen solcher Gespräche geübter und es macht Spaß. Das daraus Erfahrenen am besten in Stichworten festhalten und dann ein treffendes kurzes Resümee ziehen, wenn sich abzeichnet, wenn weitere Gespräche keine neuen Erkenntnisse bringen.
„Was nicht auf einer einzigen Manuskriptseite zusammengefasst werden kann, ist weder durchdacht noch entscheidungsreif.“ (Dwight D. Eisenhower)
Ein Kommunikationsweg, den wir ausprobiert haben, war es, an einem Unternehmensstandort z.B. in wöchentlichem Abstand 20 Mitarbeiter quer durch die Organisation (Produktion und Verwaltung) nach Geburtstagen der letzten Woche zu einer Diskussionsrunde „Kaffee und Kuchen“ einzuladen und Fragen aus der Runde oder aktuelle Themen zu besprechen. Das hatte verschiedene Effekte:
- Mitarbeiter, die sich vorher nie getroffen haben, lernten sich kennen, erfuhren gegenseitig von bereichsübergreifenden Themen
- Informationen sprachen sich am gesamten Standort schnell herum; Gerüchte entstanden erst gar nicht
- Die Distanz zwischen Mitarbeitern und Geschäftsleitung wurde reduziert und eine Vertrauensbasis aufgebaut. Auch Kollegen haben Schritt für Schritt solche Gesprächsrunden organisiert. Unternehmensziele wurden transparent und akzeptiert.
- Wir haben unmittelbares Feedback zur Strategie erhalten: was ist verstanden worden, was muss noch besser erklärt werden, was ist falsch oder zu kompliziert und muss angepasst werden.
Wichtig ist, Aufgaben, die man aus dem Kreis mitnimmt, auch zeitnah zu erledigen. Sonst leidet die Glaubwürdigkeit. Das gilt auch analog für alle anderen Kommunikationswege. Deshalb nur Umsetzbares versprechen. Die Methoden und Kommunikationswege dürfen sich allerdings nicht nach einiger Zeit abnutzen und zur lästigen Pflicht ohne weiteren Mehrwert werden. Lieber dann mal die Methode wechseln. Es gibt davon viele, hier werden nur einige aufgezählt:
- Fast selbstverständlich aber leider nicht die Regel sind regelmäßige Rundgänge durch Produktion, Verwaltung … mit ausreichenden Unterbrechungen für Gespräche
- Regelmäßiger Besuch von Kunden / Lieferanten, gegebenenfalls zusammen mit einem zuständigen Außendienstler. Auf der Hin- und Rückfahrt erfährt man viel und kann eigene Botschaften kommunizieren.
- Weitere Mitglieder der Geschäftsleitung (wie Finanzen …) besuchen regelmäßig Pendants bei Kunden / Lieferanten. Das ermöglicht das Erreichen anderer Anknüpfungspunkte zum Kunden und führt zu festeren Kunden-/ Lieferantenbeziehungen.
- mit einem Service Techniker ein Tagesprogramm im Außendienst mit bestreiten gibt andere Einblicke in Unternehmensthemen
- Regelgespräche mit dem Betriebsrat, der kennt den Betrieb im Allgemeinen extrem gut und weiß, was die Belegschaft drückt.
- Youngster Meetings / Arbeitskreise, aber Vorsicht: ältere erfahrene Mitarbeiter nicht frustrieren, sondern z.B. mit einbeziehen. Nachwuchspotential wird schneller sichtbar.
- Politiker machen es vor: An Problemstellen, Krisenherden selbst persönlich sich ein Bild vor Ort machen, aber auch dort, wo besonders gute Leistungen erbracht werden, Erfolge erzielt wurden;
- Bei Problemkunden als Chef durch Besuch vor Ort Verständnis für Dringlichkeit signalisieren und Außendienstmitarbeiter unterstützen, Probleme abzustellen. Ein früherer finnischer Kollege hat es treffend formuliert: „give the customer a warm body“
Wie effektiv kommunizieren?
Jeder von uns kennt es: So viele Informationen strömen täglich auf uns ein, dass wir abgestumpft werden und nur noch besonders Auffälliges behalten. Deshalb stellt sich die Frage: Wie bringe ich meine Botschaft an den, der hoffentlich zuhört?
Ein paar Grundregeln, die mir geholfen haben:
- Keep it Simple, das Komplizierte wird ohnehin nicht verstanden, in der Kürze liegt die Würze
- Fragen statt „sagen“
- Beispiele, die Zuhörer selbst gegeben haben, zur Verdeutlichung nutzen
- Vorträgen mit Bildern / passenden Comics untermalen
- drastische Schilderungen: nur ein „Herzinfarkt“ führt zu Gewohnheitsänderung; Ein Beispiel, dass ich behalten habe zum Thema „wie riskant ist die Lage?“ Antwort: „Wie mit Sommerreifen nicht angeschnallt über einen vereisten Alpenpass fahren“
- Botschaften wiederholen; es gab Kollegen, die meinten, eine Botschaft müsse mindestens sieben mal in Abständen wiederholt werden, bis sie die Zuhörer erreicht.
- Reden nicht ablesen, sondern frei sprechen maximal mit Stichworten; gegebenenfalls solange üben, bis es geht und anfängt, Spaß zu machen
- Kommunikationschefs sollen das Unternehmen und nicht nur Ihren Chef vermarkten
- Für Kommunikation gibt es gute Trainingskurse, bei denen man einiges lernen kann
- zu seinen Schwächen stehen ist viel geschickter als Eigenlob und schafft Vertrauen
„Man respektiert einen Mann wegen seiner Stärke. Aber lieben kann man ihn nur wegen seiner Schwäche.“ (Laetitia Bonaparte)