Das Erste, was mir dazu einfällt, sind Tagessätze von oftmals deutlich mehr als 5000 € pro Berater und Tag (Stand 2010). Das ist nicht unüblich, wenn es sich um einige der großen Unternehmensberatungen handelte. Diese werden häufig direkt vom Aufsichtsrat, dem Vorstand bzw. Geschäftsführung engagiert, z.B. mit dem Ziel, die Unternehmensergebnisse signifikant zu steigern. Die hohen „Gagen“ werden u.a. damit begründet, dass sie ja noch vergleichsweise moderat sind, wenn man die kurzen Payback Zeiten des Investments bedenkt, die sich durch die angestrebten Ergebnisverbesserungen ergeben sollen. Ein profanes Beispiel dazu: Dem Unternehmen, das „in Saus und Braus“ lebt, die Empfehlung geben, jeden Tag 100 Euro zu sparen. Das seien mindestens 30.000 Euro Honorar wert, denn wenn diese Empfehlung umgesetzt wird, hat sie sich ja schon in weniger als einem Jahr amortisiert. Die Honorar Kosten sind sogar vernachlässigbar, bedenkt man die Einsparungen nach 10 Jahren. Wenn auch vielleicht etwas überzogen ist das die Logik, die hinter teurem Beratereinsatz steckt.
Eine harte Kopplung der Vergütung an den erzielten Erfolg wird allerdings versucht zu vermeiden. Stattdessen wird eine Basisvergütung angestrebt sowie ein zusätzlicher Bonus bei Erreichung von Zielen. Es gibt aber auch gute Berater mit weitaus moderateren Tagessätzen. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um Spezialisten, die sich auf ausgewählte Methoden, Spezialgebiete konzentriert haben.
Ich möchte von vorneherein bekennen, dass ich Berater sehr skeptisch sehe. Das mag erklären, warum die Beiträge hier überwiegend gegen Berater sprechen. Warum sehe ich das so?
- Fehlt es dem eigenen Management an Mut, beherzt durchzugreifen und Missstände abzustellen, beziehungsweise es ist zu schwach und unsicher, holt es sich gerne „Verstärkung“ von extern.
- Warum kann ich selbst, beziehungsweise können die eigenen Mitarbeiter, das eigene Management nicht die Probleme lösen? Sollte nicht eher in die Qualifikation des eigenen Personals investiert werden. Das wiederum könnte durch einen zeitlich eng begrenzten gezielten Beratereinsatz erfolgen, bis die eigene Mannschaft fit genug ist, die Aufgaben selbständig weiter zu verfolgen. Dazu ist entweder die Einstellung von erfahrenem Personal erforderlich, das sich nachweislich in dem betreffenden Thema bewährt hat, und / oder die Weiterqualifikation eigener Mitarbeiter. Aber Achtung: „die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los“ Goethe
- Meiner Erfahrung nach gibt es nur ganz wenige, wirklich gute, hilfreiche Berater. Es ist schwierig, „die Spreu vom Weizen zu trennen“. Nicht selten interviewen Berater die Mannschaft und fassen lediglich das Gehörte als Beratungsergebnis zusammen. Warum kann das nicht das eigene Management ebenfalls? Dafür unter Anderem wird es schließlich bezahlt.
- letztendlich ist es eine erhebliche Investition. ist es wirklich erforderlich oder wäre das Geld anders nicht besser investiert?
Wann kann es durchaus sinnvoll sein, Berater einzuschalten:
Zukauf von speziellem Wissen, um die eigene Mannschaft auszubilden, bis diese selbständig weiterarbeiten kann, oder um vorübergehende Engpässe an benötigter Kompetenz zu überbrücken, z.B.:
- Einführung neuer EDV, z.B.SAP
- Lean Production
- Kostensenkung durch Überprüfung der Lieferantenbasis
- Ablaufoptimierung im Einkauf, Vertrieb, Entwicklung, Personalmanagement
- Gemeinkostenwertanalyse, McKinsey ist damit bekannt geworden
Also immer dann, wenn der Berater über spezielle Expertise / ein ausgereiftes „Beratungs-Produkt“ verfügt, das bei mehreren Kunden entwickelt und erprobt wurde. Wichtig: es müssen vertrauenswürdige gute Referenzen vorliegen.
Weitere Gründe für einen sinnvollen Beratereinsatz:
- Wenn zu lange Lethargie, Stillstand, Ideenlosigkeit, Verkrustung im Unternehmen / Management eingekehrt ist. In das vorhandene Management besteht kein Vertrauen mehr. Ersatz wird nicht schnell genug gefunden. Das kann wie „Rasen vertikutieren“ funktionieren.
- Wenn es zu wenige motivierte, kompetente Mitarbeiter gibt, um das entsprechende Thema zu bearbeiten und es dauert, bis diese gefunden / ausgebildet sind oder wenn der Bedarf für das zu Leistende nur vorübergehend erforderlich ist.
Es gibt allerdings auch bei solchen sinnvollen Einsätzen Gefahren zu beachten:
- Wenn Berater geholt werden, können Konflikte vorprogrammiert sein. Berater übergehen oftmals mit Berichten Hierarchiestufen, ohne dass die übergangenen Mitarbeiter davon etwas mitbekommen. Wer im beratenen Unternehmen seine eigene Meinung vertritt, die nicht auf der Linie der Berater liegt oder gar auf Fehler der Berater verweist, gilt als nicht kooperativ. Top Mitarbeiter können frustriert werden. Da die Berater naturgemäß einen viel besseren Kontakt zur Unternehmensspitze haben – die hat sie ja eingesetzt – und zumindest zu Beginn einen Vertrauensvorschuss genießen, kann es für die „normalen“ Mitarbeiter sehr schwer sein, Gehör zu finden, dass der eigene Weg vielleicht besser für das Unternehmen ist als der vom Berater angestrebte.
- Bei großen Aufträgen werden von der Beratungsgesellschaft kurzfristig „Freelancer“ vom Markt rekrutiert und unter dem renommierten Beraterunternehmensnamen verkauft. Manchmal mussten diese schon nach 4 Wochen mangels Qualifikation ausgetauscht werden, es wurde dann ein Rabatt auf die angefallenen Kosten gewährt, vom möglicherweise entstandenen sonstigen Schaden gar nicht zu sprechen.
- Es gilt, den richtigen Zeitpunkt zu treffen, um nach Wissenstransfer wieder ohne Berater weiter zu machen. Das ist nicht einfach, da oftmals Berater gerne möglichst lange im Unternehmen bleiben wollen, nicht selten mit zweitklassigem Personal.
Wie als „Betroffener“ mit Beratern umgehen?
Auf jeden Fall das Thema erst einmal positiv angehen. Vielleicht ist ja etwas Gutes am Beratereinsatz, nach dem Grundsatz: „Man muss sich mein Misstrauen erst verdienen.“ Auch hierbei ist offene Kommunikation entscheidend, um die Zusammenarbeit mit dem Berater positiv zu gestalten. Volle Transparenz nach oben und unten. Das verhindert gleichzeitig, dass Schwache Berater sich mit geschickter Kommunikation halten können. Gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat hilft, gute Ergebnisse zu erzielen beziehungsweise sich gegen Schwachstellen durchzusetzen, vorausgesetzt, man ist nicht selbst so eine Schwachstelle.
Was ist wichtig zu beachten, wenn ich selbst die Berater geholt habe? Auf keinen Fall den breiten Kontakt zur „Basis“ verlieren, um zu vermeiden, einseitig nur durch die Berater informiert zu sein. Das ist zwar anstrengend, aber unerlässlich. Also wieder Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation…
Vorsicht, wenn sich Berater hinter Phrasen / Berater – Anglizismen verstecken. Bei uns war in Meetings mit Beratern das „Bull Shit Bingo“ beliebt: Wer zuerst in einer Reihe alle Fachausdrücke ankreuzen konnte, hatte „Bingo“. Das macht deswegen Spaß, weil es in die Kategorie passt: „Dummheit, die man bei anderen sieht, ist meist erhebend fürs Gemüt“ Wilhelm Busch